We’ve updated our Terms of Use to reflect our new entity name and address. You can review the changes here.
We’ve updated our Terms of Use. You can review the changes here.

Herzw​ä​sche

by Strom&Wasser

supported by
/
  • Streaming + Download

    Includes unlimited streaming via the free Bandcamp app, plus high-quality download in MP3, FLAC and more.
    Purchasable with gift card

      €9.90 EUR  or more

     

1.
Mutter, mach die Fenster zu, die Welt ist voller Mücken, die sich inzwischen digital durch Deinen Bildschirm drücken. Vater, mach die Tore dicht, da draußen lärmen Ratten. Sie tragen Mordlust im Gesicht und Anzug und Krawatten. Bruder, nimm die Fäuste hoch, die Welt gehört Hyänen, die Dir sogar den Glauben noch an Deine eignen Träume nehmen. Schwester, stell die Augen scharf, – muss ich‘s noch erwähnen? – es lächelt selbst Dein Nachbar schon mit frisch geschliffnen Zähnen. Die Müden erst, die Zögernden, die Alten, die ganz Jungen – sie brauchen keine Waffen, Mann, sie haben ihre Zungen. Sie haben simple Worte und ein konsequentes Wesen – die Weisheit hinterm Rednerpult, klang gestern hinterm Tresen! Egal, ob Judenstern, ob Halbmond, Talmud, ob Koran: so rollt das alte Hakenkreuz erneut in deutscher Bahn. Wie hassen sie, was anders ist, was zu uns kommt in Flüchtlingswellen. Was wir als tolerant verstehn, das werden sie richtig stellen. Wir lachen erst, dann staunen wir, dann lassen wir uns fangen. Sie sprechen viel von Sicherheit und wecken das Verlangen. Bis Mitte Zwanzig Rebellion, bis Mitte Dreißig Lachen. Mit Vierzig aber klebt man schon an seinen sieben Sachen. Drum, Leute, hebt die Fäuste hoch, es kommen Limousinen, die vollbepackt mit Menschen sind, die edlen Zielen dienen. Drum Leute, schlagt die Ohren zu, wenn sie mit euch reden. Sie predigen die heile Welt – nur leider nicht für jeden.
2.
Disco Global 02:49
Meine Welt ist Deine Welt und Deine Welt ist meine Welt und deshalb ist es gut, verdammt noch mal, wenn man zusammenhält. Einigkeit und Recht und Freiheit nicht nur für das eigne Land. Lasst uns das doch mal versuchen, mit viel Herz und viel Verstand. Dann bist Du Mr. Cool, Du bist Mister Global, Du bist der supergeile Mr. International. Dann bist Du Lady Cool, Du bist Lady Global, Du bist die supergeile Lady International. Dann bist Du Opa Cool, Du bist Oma Global, Du bist die supergeile Opa Oma International. Dann sind wir alle cool. Wir sind alle global. Wir sind alle supergeil und international.
3.
Idyll 04:49
Man trägt immer so sein bißchen Leben. Man trägt immer so sein Päckchen Glück. Doch im Grunde ging das Ding daneben. Man geht weiter. Man kann nicht zurück. In die Städte hängt man seine Geister. Nur das Gestern macht die Städte schön. Wie ein treuer, böser Hund umkreist der Zweifel alles schöne Weltverstehn. All die Mädchen, die man liebte, gingen, wie die Blumen aus dem Sommer gehen. All die eignen Abenteuer klingen wie ein Echo, kaum noch zu verstehen. Was bleibt übrig, Mensch, von all den Plänen, von der Glut, der Kraft, der Turbulenz? Hier und da ein leises Gähnen. Ein netter Garten. Und ein Daimler-Benz. Und das nennst Du dann Idyll, Mann, das nennst Du echt Idyll, Mann, jenes, das man kaufen kann mit seinem Leben. Das ist doch kein Idyll, Mann! Blickst Du dann aufs Haus, das Deine… All die Arbeit Floß in dieses Haus. Trotzdem tragen Deine müden Beine Dich am liebsten aus dem Haus hinaus. Und so ziellos wie als kleiner Junge treibst Du durch die wohlgekannte Stadt. Und Du weißt, das Pfeifen Deiner Lunge setzt sehr bald den ganzen Kerl schachmatt. Und im Fenster plötzlich die Prospekte - fremde Länder, Städte, Meere, Seen. Diese Welt blieb eine unentdeckte und Du spürst sie in Dir untergehen. Und da möchtest Du noch etwas geben, für Deine Kinder, wenigstens für sie. Du durchsuchst Dein ganzes Leben. und findest – Monotonie… Und das nennst Du dann Idyll, Mann, das nennst Du echt Idyll, Mann, jenes, das man kaufen kann mit seinem Leben. Das ist doch kein Idyll, Mann! Und dann machst Du eine letzte Reise. Und die Hoffnung steckt im Handgepäck. Und Du lächelst: ausnahmsweise hat die Reise einen schönen Zweck. Denn Du fährst zu Deinem Jungen, der ist Rechtsanwalt wie Du. Und Du lächelst: der ist so was von gelungen! Und Du prostest Dir zufrieden zu. Und dann stehst Du aufgeregt am Bahnsteig und wirst abgeholt von seiner Frau. Er sei leider noch verhindert, all die Arbeit… und Dir wird ganz grau. Siehst das Haus, die Frau, den Garten, goldne Gitter, wie bei Dir geschehn. Alt und müde wirst Du auf ihn warten und Du weißt: er wird Dich nicht verstehn! Denn er glaubt noch ans Idyll, Mann, er glaubt noch ans Idyll, Mann, an jenes, das man kaufen kann mit seinem Leben. Das ist doch kein Idyll, Mann!
4.
Kinderkloppe 02:42
Kinder, lasst euch eure Welt nicht so versauen, es braucht nur drei, vier Kinder, um einen Großen zu verhauen! Und bitte prügelt ordentlich Und lasst euch nicht erweichen. Eltern, Lehrer, Fernsehstars! Für alle muss das reichen! Wo sind denn all die Tierlein hin, von denen wir erzählen? Die wir in Massenhaltung und In Tierversuchen quälen? Das schöne Meer ist grundverseucht. Die meisten Fische starben. Der Müll, die Armut, Kriege, ach, die Welt ist voller Narben. Und wehe wenn ihr Streit sucht Oder wagt, zu lügen. Dann strafen wir – und sind doch selbst Die Meister im Betrügen. Wir zwingen euch zur Schule, denn Schule ist fürs Leben. Stillsitzen lernt ihr dort und brav den Lehrern Recht zu geben: Wer Schnauze hält kommt gut voran, wer protestiert, geht unter. Wissen: bravo! Träumen: buh! schwarz-weiß-grau, schwarz-weiß-grau, schwarz-weiß-grau, und werde bloß nicht bunter! Drum Kinder, lasst euch eure Welt nicht so versauen. Es braucht nur drei, vier Kinder um einen Großen zu verhauen! Und bitte prügelt ordentlich Und lasst euch das nicht nehmen. Wir haben das ja so verdient, wir sollten uns was schämen! Es ist ja schön, habt ihr den Mut, Vertrauen uns zu schenken, doch besser wär‘s, ihr sagt euch los, um selber nachzudenken: Wir lesen euch von Wölfen vor, von Adlern und von Bären. Habt ihr schon einmal nachgedacht, wo die zu finden wären? Wir sagen auch, wir hab‘n euch lieb, auch wenn wir euch mal schlagen. Schlägt man tatsächlich, was man liebt? Los, fragt sie, eure Fragen! Wir sagen, dass Karriere, Pflicht Und Disziplin sich lohnen. Und leben doch eine Leben voller Angst und Depressionen. Die Welt, die wir euch Kindern bald als Einziges vererben, die haben wir kaputt gemacht. Die liegt ja schon in Scherben. Und wer ihr denkt, wir helfen euch, das alles neu zu kitten... dann habt ihr euch vertan, haha, dann habt ihr euch geschnitten! Drum Kinder, lasst euch eure Welt nicht so versauen. Es braucht nur drei, vier Kinder um einen Großen zu verhauen! Und bitte prügelt ordentlich Und lasst euch nicht erweichen!. Lehrer, Eltern, Fernsehstars! Es muss für alle reichen!
5.
Man wählt nicht die Lust. Man wählt lieber die Pflicht. Man guckt auf den Anzug. Und nicht ins Gesicht. Man wählt nicht das Schlendern. Man wählt den Schritt. Nicht Tanzen wählt man – lieber den Tritt! Was soll die Versöhnung. Man geht vor Gericht. Man liest die Verordnung. Und nicht das Gedicht. Man zählt, was man leistet. Und nicht, was man litt. Man ist ein Zäpfchen, das Ärsche durchglitt. Nur nicht allein sein! Nur immer im Lot. Guck nicht auf den Kuchen, Kind, guck auf das Brot. Wenn ihr mich fragt: zum Kotzen! Feige und schlecht! Ja, stark ist die Säge – doch der Baum, der hat Recht! Wenn ihr mich fragt, erbärmlich! Öde und leer. Das Klärwerk ist nützlich – aber schön ist das Meer! Wenn ihr mich fragt: nur Kackmist, ohne Substanz. Die Lampe ist nützlich, doch die Sonne hat Glanz! So lebt man sein Leben – für Garten und Haus. Und die Schwermut im Herzen – geht ein und geht aus. Und die Frau, die man liebte – die liebt man nicht mehr. Denn ihr Leben, das ähnelt dem eignen zu sehr. Und das Kind, das man zeugte – verflucht sei das Kind, weil‘s die Dinge bezweifelt, ohne die wir nichts sind: das Haus und den Garten, die Pflicht und den Staat… Hat selbst nichts geleistet, aber Sprüche parat! Wenn ihr mich fragt: zum Kotzen! Feige und schlecht! Ja, stark ist die Säge – doch der Baum, der hat Recht! Wenn ihr mich fragt, erbärmlich! Öde und leer. Das Klärwerk ist nützlich – aber schön ist das Meer! Sorry, Herr Vater, das durchschau ich zu sehr: Du hüte Dein Klärwerk, doch Dein Kind lass ans Meer! Sorry, Herr Vater, sei ruhig konservativ, aber andre wolln raus aus dem fauligen Mief. Sorry, Herr Vater, doch ein Text muß nicht wahr sein, nur weil tausend Väter ihn wütend im Chor schrein. Was heißt hier, Gesellschaftsparasit. Ich geb Dir mal ne Antwort für Dein Kackleben mit: Wenn alles gerade ist, gerne mal schief sein... Strebt alles nach oben, gerne mal tief sein... Will alles verstummen, klatschen und pfeifen... Nicht gleich gehorchen – erstmal begreifen!
6.
Was war das Wandern nütz? Es war zu gar nichts nütz! Was war das Dichten nütz? Es war zu gar nichts nütz! Was war der Panzer nütz? Er war zu gar nichts nütz! Aber der Liegestütz, ja ja, der Liegestütz, ja, der war nütz! Die Deutschen wandern gern. Sie kennen Mond und Stern. Sie kennen Baum und Strauch und all die Vöglein auch! Sie wandern unverzagt! Sie wandern nimmermüd! Sie wandern Ost und West. Und auch mal Nord und Süd! Sie wandern gern weit fort. Das ist so ihre Art. Sie wandern nach Verdun. Oder nach Stalingrad. Sie wandern mit Gepäck. Und mit geradem Blick. Sie wandern schnell voran. Und schneller noch zurück. Kurzum: sie wandern gern! Aber sind unbeliebt, weil auf der Wanderung ziemlich viel Mist geschieht. Der Russe denkt nicht deutsch. Und auch der Pole nicht. Und auch der Däne teilt nicht deutsche Wanderpflicht. Und wandern sie zuviel, dann schickt man sie nach Haus. Dort packt der gute Deutsche seinen Rucksack aus. Die Deutschen basteln gern. Sie basteln Krippenspiel, sie basteln Filzpantoffeln und Automobil. Sie basteln Pulverdose und Torpedorohr, das guckt so niedlich aus dem dicken Rucksack vor. Sie basteln Panzerchen. Die wandern auch sehr gern. Sie basteln Autobahnen und Mercedesstern. Man fragt sich staunend ob der deutschen Manneskraft: ist es der Liegestütz, der solche Muskeln schafft? Ist es der Liegestütz, der so entspannt und smart das deutsche Kleinhirn mit dem deutschen Bizeps paart?! Mach einen, wenn Du traurig bist – das hilft Dir weiter… Mach einen auch für die Karriereleiter… Wenn Du ein Mädchen triffst, das Dir gefällt – zeig ihr: das wilde, deutsche, dicke Tier in Dir! Die Deutschen bauen gerne ihr Familienhaus. Denn damit schalten sie gleich ihre Nachbarn aus. Und schaun sie doch einmal auf ihren Nachbarn seins, dann rufen sie „Ach je, das is ja groß wie meins!“ Da muß ne Mauer her! Da fehlt der Stacheldraht! Da fehlt ein Schießgewehr! Was für ein Unsympath! Und hast Du das gehört? Da auf der Obstplantasch, da baut ein Hesse jetzt! Was für ein Riesenarsch! Was der für‘n Auto fährt! Das ist bestimmt geleast! Und wie die Akne schön auf seinen Kindern sprießt! Der Busen seiner Trulla ist bestimmt nicht echt! Und so ein großes Haus! Das ist doch ungerecht! Du musst nicht traurig hinter deiner Mauer sein. Mach einfach Liegestütz und hau ihm eine rein. Wenn er die Bizeps-Trizeps-Doppelpackung fühlt, dann wird sein Mütchen aber abgekühlt! Der deutsche Liegestütz – das ist ein Hauptexport. Der deutsche Liegestütz – das ist ein Breitensport! Der deutsche Liegestütz – das ist Kulturgenuß! Aber vom Feinsten, Mann! Das ist ein Muß! Mach einen, wenn Du traurig bist – das hilft Dir weiter… Mach einen auch für die Karriereleiter… Wenn Du ein Mädchen triffst, das Dir gefällt – zeig ihr: das wilde, deutsche, dicke Tier in Dir!
7.
Das war ein schöner Tag, an den ich denken mag, bis ich weit über achtzig bin. Erst kam die Bolizei. Die hatte Bier dabei. Und lachte einfach vor sich hin. Dann kam die Feuerwehr. Die trank den Kasten leer. Das gab ne Riesen-Keilerei. Dann kam die Realität. Und fragte: komm ich zu spät! Um dir den Tag zu versauen? Denn erstens Auto ist weg. Und zweitens: Freundin ist weg. Du hast kein Glück bei den Autos – und bei den Frauen! Und drittens: Herdplatte an. Oh Mann oh Mann – und man kann den Brand schon sehen,  im Vertrauen... Dein ganzes Hab und Gut. Ist nur noch Asche und Glut. Das ganze Dorf ist da, um mal zu schauen. Das war ne schöne Nacht. Mann haben wir gelacht, so‘n Feuer gibt‘s kein zweites Mal. Rief der Versicherungsmensch: weil Du mei Tochter kennsch kannsch mache was de wilsch – ich zahl! Die reiche Nachbarin kraulte mein Doppelkinn und rief: ich schenk Dir ne Million. Ach, rief ich, lieb von Dir. Schenk mir ne Pulle Bier – weil ne Million – die hab ich schon. Das war ein gutes Jahr, Gut, wie kein andres war. Ob‘s nächste auch so wird? Na klar! dann kommt die Realität Und dann wird abgemäht, Sie macht Dich alle. Sie macht Dich Platt. Weil man mit Haarausfall, mit Fußpilz überall einfach nichts mehr zu Lachen hat. Deine Konzerte – leer. CDs kauft keiner mehr. Dann bist du kulturell schachmatt. Wie schnell die Welt vergisst, wenn wer im Sinken ist, und einfach nichts zu bieten hat.
8.
Deutschland, das sind zum Beispiel Weiten, ja, das sind Zeiten – voller Pracht. Da haben immer schon die Breiten die etwas Schmal‘ren – plattgemacht. Deutschland, sind golden übersonnte Horizonte, schwarz, rot und – WOW! Im Schlachtfeld steht der Krieger und kommt als Sieger zu seiner Frau. Da war zum Beispiel der Neandertaler, sah aus wie‘n Hooligan aus Dresden, aber schmaler. Seine Entstehung war ein wenig überschattet: Da hat ein Auerochse einen Fisch begattet. Er war modern, der Ochse, mocht nicht all die Haare Und außerdem: der Fisch, der zählte achtzehn Jahre. So ist der Urgermane ursprünglich entstanden Und er vermehrte sich sehr schnell in deutschen Landen. Und die Germanen hielten ihrem Urahn Treue. Sie blieben Waldbewohner, hassten alles Neue. Es gab Stifte und Papier in Basel, Brigg und Brest, doch der Germane hielt an seiner Keule fest! Egal, ob Römer, ob Mongolen oder Schweden, der Germane, der haut prinzipiell auf jeden! Egal ob Ehebett, ob Arbeit oder Suff! In Germanien heißt es: immer feste druff! Deutschland, das sind zum Beispiel Weiten, ja, das sind Zeiten – voller Pracht. Da haben immer schon die Breiten die etwas Schmal‘ren – plattgemacht. Deutschland, sind golden übersonnte Horizonte, schwarz, rot und – WOW! Im Schlachtfeld steht der Krieger und kommt als Sieger zu seiner Frau. Und das Prinzip, ihr lieben Immigranten, hat noch bis heute jede Krise überstanden: willkommen sind bei uns nur Leute mit Geschmack: Blutwurst und Grünkohl, Zwiebel oder Hack! Nun steht ihr alle da, ihr Syrer und Afghanen aus dem Lande der Zitronen, aus dem Lande der Bananen, aber hier wächst nur der Rettich und das merkt euch wohl: Wo der Kohl wächst, wächst nichts anderes als Kohl. Ihr habt falsch gelesen: auf den Etiketten der Granaten, die da zwischen euren Betten explodierten, stand „Made from Germans“ drauf, Aber nicht „please come to Germany“ zuhauf. Ach im Mob fühlt man sich doch so herrlich familiär, so lief man Kaisern oder Führen immer hinterher, jeder hat sie noch, zwar stinkt sie arg nach Fäule, aber guck mal, wie geputzt wird: die gute deutsche Keule! Und natürlich sind wir auch historisch in der Pflicht Und vergessen unsren alten Staatsmann nicht, wie zum Beispiel Nachbar Kruse, der wirkt ja so befreit, weil er „Heil Hitler“ denkt, wenn er „Pegida“ schreit.
9.
Sie haben so viel Dinge schon gegriffen, dass sie voll Eigenleben sind. Wie Kleingetier, Reptilchen, faltig, ungeschliffen, alte Möbel sehn so aus, ein brüchiges Klavier. Sie sind zielbewusst und doch zerbrechlich, ihre Berührung – ach, die tut so gut. Sich selber Schmuck genug sind sie und unbestechlich, Gelassenheit, die in sich ruht. Wie sahn die Hände aus, als sie noch Kind war, oder dann als Mädchen: beim Haare Flechten, Schreiben, wen haben sie liebkost, und wie und wann? Und wie wird‘s sein, wenn sie mal einfach liegen bleiben? Ich kenne diese Hände weit über vierzig Jahre, egal wie tief ich in Vergangenes tauch. Als Junge strichen sie durch meine Haare, als ich ein Mann war, taten sie‘s auch. Wie schön die Frauen lächeln, wie elegant sie stehn, die Anmut ihrer Körper, ihre Augen: braun und blau! Doch Schöneres hab ich nie gesehn, als die alten Hände dieser kleinen Frau!
10.
Die feinen Blumen spielen keine Rolle, sie stehen abseits, schön und unbestimmt, zartgliedrige und farbenvolle Blattseide oder Blütenwolle – während das Unkraut sich den Garten nimmt. Und all die Vögel, diese zarten guten Musiker mit Melodien, tausendfach, was sind sie schon gegen das Gackern oder Tuten, wenn aufgebrachte Hühner oder Puten die Tage überfluten – mit Hysterie und Krach. Und ganz genauso – verzeiht mir die Betrachtung, verhält sich‘s mit den Künstlern, groß und klein: wir schenken ihren Werken kurz Beachtung, und sinken dann in geistige Umnachtung und schlagen uns die Schädel weiter ein.
11.
Tisch. Hand. Lampe. Licht. Greift. Hält. Zittert nicht. Lärm. Blick. Lächeln. Kuss. Zärtlich. Heimlich. Darf nicht. Muss! Kussmomentchen, wunderschön. Kussmomentchen kann entstehn. Kussmomentchen gut versteckt. Überlebt nur unentdeckt. Duft. Haar. Schatten. Haut. Ganz verwirrend. Ganz vertraut. Herz. Rausch. Blick und Glut. Trommel. Feuer. Sehnsucht. Mut. Kussmomentchen wunderschön. Welt hat einfach weggesehn. Eintagsküsschen, zart und scheu. Doch im Grunde ist man treu. Kussmomentchen, sanft und klein. Doch im Grunde sagt man Nein…
12.
Daß ich roboterhaft bin – wunderts wen? Die Träume heutzutage sind metallisch. Daß ich so häßlich dichte – wunderts wen? Das Wesen dieser Welt ist phallisch. Daß ich so lasterhaft bin – wunderts wen? Die Träume heutzutage sind psychotisch. Daß ich Zerstörung dichte, Untergehn? Der graue Ratz ist gotisch! Der graue Ratz schreibt hart. Die Lieder heutzutage sind Maschinen. Der Krieg hat sich geschickt gepaart, zeugt Kinder einer neuen Art: man sieht sie nicht und hört nichts mehr von ihnen. Noch sind sie irgendwie zu wittern, in ihren Dachgeschoßbüros und Agenturen. Sie sprechen von der Freiheit hinter Gittern und sind gefühllos wie präzise Uhren. Und darum, Ratz, entsinn dich alter Flüche, besetz‘ die Bühnen, Aulen und Arenen! Vorbei die Zeit der nassen Taschentücher, vorbei die Zeit der blassen Taschenbücher. Es grinst der Krieg und die Propheten gähnen...! Eines Tages stand da wer in meinem Zimmer. Ich erschrak und sprang von meinem Platz. Ihn umgab ein seltsam kalter Schimmer, kalt und hart – es war: der graue Ratz! Ich war‘s selbst. Ich wirkte sehr viel härter. Älter irgendwie und irgendwie aus Stein. Altes Werkzeug oder Alte Schwerter. sehn so aus und ich trat bei mir rein? Du vergeudest Dich, sprach ich, in Liedern. Worte zählen nicht. Es zählt die Tat. Und Du solltest dieser Zeit erwidern, dass sie einen neuen Gegner hat. Dieser Gegner macht nicht Kompromisse, alles Etablierte tritt er in den Dreck! Alles Zögernde und Ungewisse, Lieder haben doch schon lange keinen Zweck! Dieser Gegner glaubt nicht ans Gerede, mit Gerede wurde ewig nichts erreicht. Welche Meinung? Ach, er scheißt auf jede! Welche Waffe? Ihm fällt jede leicht! Und auf Deinen runden Kuhblick im Vertrauen, sagte ich zu mir und kam ganz nah – werde ich ganz sicher meinen Kampf nicht bauen, und ich würgte mich. Hallelujah… Grauer Ratz trifft roten Ratz. Was gibt das? Rosa? Die Ratte trifft den Raben. Gibt das Krieg? Tat trifft Traum. Poesie wird Prosa. Viel schöner wär jedoch ein lyrischer Sieg! Ein Alptraum war‘s, ein ziemlich echter, ich kann so werden, ohne Liebe und Geduld. Gute Menschen werden meistens schlechter und dann geben sie noch anderen die Schuld.
13.
Die Sehnsucht nach Berührung, die zündet mich heut an. Eine Fackel bin ich heute und ein wirklich schöner Mann. Meine braunen Augen wirken mit geheimer Glut. Und entfachen Fieber in den Frauen oder Wut. Zornig werden ihre Blicke, doch die Schritte werden weich. Meine Sehnsucht, deine Sehnsucht treffen sich sogleich. Wütend wird dein Leib sich bäumen, heiß an meinem Leib. Krieg und Frieden, Haß und Liebe zwischen Mann und Weib. Ja, was soll er denn machen? Ihm ist nunmal zum Lachen. Weil es noch Wunder über Wunder gibt: er glaubt, er sei verliebt, er glaubt, er sei verliebt. So blickst Du mich an voll Sünde, feines, reines Kind. Hier am Abgrund aller Gründe finden wir uns blind. Im Verstand die zehn Alarme, versuchen ein Verbot. Nimm mich nackt in deine Arme oder küss mich tot. Mich schaut das Fräulein Amsel an: Wie man so fröhlich pfeifen kann! Ich wird von Hund und Katz bestaunt: Was läuft der Kerl so bestgelaunt? Die Sonne stutzt und fragt sich dann: Wie man als Mensch so strahlen kann?! Die Wolken flüstern wohlgemut: Dem geht es aber gut! Ja, was sollst du denn machen? Es ist nunmal zum Lachen. Weil es noch Wunder über Wunder gibt: du glaubst, ich sei verliebt, du glaubst, ich sei verliebt.

about

Seit Jahren schon das Extremste, was man unter der Rubrik "Liedermacher" so eben noch bezeichnen kann, feuern die Damen und Herren mit ihrem neuen Album "Herzwäsche" nun das ultimative Mosaik aus Punk und Poesie ab. Da werden nicht nur alle musikalischen Stile in einem irrwitzigen Mix aus Partygrooves und nachdenklichen Texten präsentiert, da wird auch die Brücke geschlagen zwischen kabarettistischem Ulk und gnadenloser Abrechnung mit einer Spießergesellschaft, die in ihren gepflegten Vorgärten ihren stillen Rassismus gepflegt und gehegt hat. Ein lachender Frontalangriff auf Mainstream und bürgerliche Moral, den man erlebt haben muß!

credits

released November 4, 2016

2016 Traumton Records | www.traumton.de

Heinz Ratz – Gesang & Bass
Ingo Hassenstein – Gitarre
Enno Dugnus – Klavier & Keyboards
Arne Assmann – Saxophon, Flöten & Akkordeon
Burkard Ruppaner – Drums

Gäste…
am Mikro: Maria Schneider (+ Marimba & Triangel), Rabea Bollmann (+ Cello)
am Bass, Sopran-Bass und Schlagzeug: Luca Seitz
am Banjo und Gitarre: Ruben Röh

license

all rights reserved

tags

about

Strom&Wasser Kiel, Germany

Wenn Anarchie eine Stimme hat, dann ist es die von Strom & Wasser! Eine fröhliche apokalyptische Mischung aus Samba und Punk, Walzer und Rock, Tango und Ska. Allein schon der tiefschwarze Humor, der den Blick hinter die polierten Fassaden unserer Gesellschaft wirft, spricht für das freche Auftreten der Formation.
Ein unbedingtes Muß für jeden, der mehr als nur dumpfe Berieselung sucht.
... more

contact / help

Contact Strom&Wasser

Streaming and
Download help

Report this album or account

If you like Strom&Wasser, you may also like: